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Ski- und Bergtouren im Tölzer Voralpenland und im Karwendel

Das Karwendelgebirge


Veröffentlicht am 22.02.2005 von (externer Link) Harald Breitkreutz

Eine kurze Zusammenfassung der Entstehung der Alpen und der Geschichte des Karwendelgebirges sowie ein Überblick über die Kulturgeschichte und die Pflanzen- und Tierwelt im Karwendel


Einleitung
Entstehung, Geologie
Kulturgeschichte, Erschließung
Weitere Kapitel


Einleitung


Die Alpen, die "weißen Berge" (lat. Montes alpes), sind ein Bestandteil des alpidischen Faltengebirgsgürtels, der sich vom Atlasgebirge über Apennin, Pyrenäen, Karpaten, das Dinarische Gebirge und den Balkan bis nach Vorderasien zieht. Von dort zieht er sich über den Iran und den Himalaja weiter bis an den Westrand des Pazifiks. Sie werden primär in Ost- und Westalpen gegliedert, wobei die Trennlinie eine gedachte Linie zwischen Bodensee und Lago Maggiore ist. Vertikal werden die Alpen in die Voralpen unterhalb der oberen Waldgrenze (1500-2000m, im Karwendel ~ 1800m), die Mittelalpen bis zur Schneegrenze (2500-3000m) und die Hochalpen oberhalb von etwa 3100m gegliedert. Der Karwendel ist somit Teil der Mittelalpen, Teile des Vorkarwendel müssen auch zu den Voralpen gerechnet werden.


Entstehung, Geologie


KontinentaldriftDie Entstehung der Alpen wie wir sie heute kennen begann vor ungefähr 70 Millionen Jahren. Sie entstanden aus dem Grund des Großen Alten Mittelmeeres Tethys, das sich zwischen dem alten Nordkontinent Laurasien und Südkontinent Gondwana erstreckte, wobei letzterer damals schon weitestgehend auseinandergebrochen war. Die Mulde, die das Meer füllte, wird als "Geosynklinale" bezeichnet. Im Laufe der Zeit sank sie langsam ab und wurde immer mehr mit Ablagerungen angefüllt. Diese Ablagerungen, die zwischen fünf und sechs Kilometern mächtig waren, bilden die Grundlage für die Gesteinsschichten der Alpen, wie wir sie heute kennen.

Hauptbestandteil der Ablagerungen war Kalk (CaCO3), der aus abgestorbenen Mikroorganismen stammt. In Verbindung mit anderen Stoffen entstanden so die Verbindungen, aus denen die Alpen heute bestehen: Mit Magnesiumkarbonat (MgCO3) entsteht der Dolomit (CaCO3*MgCO3), dem die Dolomiten ihren Namen verdanken. Andersherum lassen sich so aus der Art der Gesteine und ihrer Verteilung Rückschlüsse auf ihre Entstehung ziehen: So muß Tonschiefer z.B. in Ufernähe entstanden sein, wo die Flüsse ihr Material ablagern konnten. Sandstein entstand aus Sandbänken, an den Küsten entstehen aus Brandungs- und Flußgeröll wilde Gesteinskonglomerate.

In den letzten 70 Millionen Jahren war die Erdkruste vergleichsweise stark in Bewegung. Dabei wurde - und wird auch jetzt noch - die afrikanische Platte unter die eurasische Platte geschoben. Die tiefer liegenden Gesteinsschichten der eurasischen Platte, Autochthone genannt, werden dabei kaum bewegt und nur nach unten weggedrückt. Die oberen Gesteinsschichten - die Ablagerungen des Großen Alten Mittelmeeres - werden dagegen über die eurasische Platte geschoben: Sie steigen auf und brechen auf. Durch die Bewegung wurden die Ablagerungen extremen Bedingungen, also gewaltigen Drücken und hohen Temperaturen ausgesetzt, die die Ablagerungen zu den heute bekannten Gesteinen "zusammenschweißten". Dabei wurden die Schichten teilweise stark durcheinandergeworfen, was die Gesteinsvielfalt erklärt. Die aufgestiegenen Autochthone findet man heute hauptsächlich in den Westalpen, hier befinden sich auch die höchsten Berge der Alpen.

Die tektonische Bewegung der Kontinentalplatten machte auch vor den tieferen Schichten der afrikanischen Platte nicht halt, die den Untergrund für die Ablagerungen in der Geosynklinale bildeten. Diese Gesteinsschichten sind deutlich älter und waren zuvor an der Bildung eines älteren Gebirgssystems im Paläozoikum beteiligt, das dann aber wieder versank. Bei der Bildung des neuen Gebirges wurden diese Schichten teilweise wieder nach oben gedrückt. So leiten sich z.B. die Gneise, Granite (Si*Al), Glimmerschiefer und Amphibolite wie sie in den Zentralalpen zu finden sind zu einem Großteil von diesen Gesteinen ab. Folglich unterscheidet man zwei grundlegende Typen von Gesteinskomplexen: Die Deckgebirge, zu denen auch die nördlichen Kalkalpen zählen, und die älteren Grundgebirge.

Die Gesteinsschichten der Grundgebirge entstanden bereits vor über 300 Millionen Jahren während der variszischen und kaledonischen Gebirgsbildung. Die der Deckgebirge sind wie schon erwähnt deutlich jünger und während der Deformationsphase in Kreidezeit und Tertiär entstanden. Während der letzten 70 Millionen Jahre hoben sich nun beide Gesteinskomplexe gemeinsam an. Die höchsten Erhebungen traten dabei im Bereich der heutigen Zentralalpen auf, die somit noch schärferen Witterungsbedingungen ausgesetzt waren und so stärker und schneller abgetragen wurden. Als Ergebnis dessen sehen wir heute in den Zentralalpen die alten Schichten der Grundgebirge, während in den tieferen, vorgelagerten Zonen primär Deckgebirge anzutreffen sind.

Entsprechend der Gesteinsdecken teilt man die Alpen in drei bis fünf große Deckensysteme, das Helvetische, das Ostalpine und das Penninische System. Südlich der sogenannten Periadriatischen Naht die im Großen und Ganzen etwas südlich der italienisch-österreichischen Grenze verläuft (Meran - Bruneck - Villach), gibt es nur noch ein System, das schlicht als "Südalpen" bezeichnet wird. Dazu kommt noch das Zentralmassiv, das man hauptsächlich im Osten Frankreichs antrifft. Die nördlichen Ostalpen werden quasi komplett dem Ostalpinen System zugeordnet, lediglich die allerletzten nördlichen Ausläufer gehören dem Helvetischen System an.

Wichtig ist, daß die Faltung des Gebirges und die eigentliche Anhebung nicht zeitgleich stattfanden. Während der Faltung verdrängte das eher leichte Gestein der Alpen die schweren Gesteine des Untergrunds, da die aufgefalteten Schichten immer tiefer hinabreichten. Im Bestreben das Gleichgewicht wieder herzustellen setzten so Ausgleichsbewegungen in der Tiefe ein, die vor allem in den letzten zehn Millionen Jahren den ganzen Bereich emporhoben. Allerdings war auch diese Anhebung kein kontinuierlicher Prozeß. So wurde der Alpengürtel immer wieder ein Stückweit angehoben, was dann dazu führte, daß das umliegende Alpenvorland verhältnismäßig wieder etwas tiefer lag. Als Resultat war das flache Gefälle der Flüsse in den Randbereichen unterbrochen, was zu einer erneuten Einschneidung führte. Dabei blieben an den Rändern oft Reste der ursprünglichen Talsohlen zurück, die heute noch in Form von Terrassensystemen und Talstufen beobachtet werden kann. Beispiele für solche Talstufen finden sich z.B. am Sylvenstein (auch ohne Staumauer) und beim Eingang in die Seitentäler des Karwendel, z.B. vom Rißbachtal ins Johannisbachtal oder ins Laliderertal.

Die heutige Form der Alpen wurde vor allem im Quartär während der Eiszeiten geprägt. Die gewaltigen Gletscher schliffen die Gebirge und schoben riesige Steinmassen vor sich her, die heute im Alpenvorland in Form von Moränen zu beobachten sind, wie sie z.B. in der Gegend um Wolfratshausen sehr schön zu sehen sind. Auch die vielen Seen im Alpenvorland sind Zeugnisse der vergletscherten Vergangenheit. Die zahlreichen Kare und Grate wurden in der Periglazialen Phase während dem Rückgang der Gletscher geschaffen (Glazialerosion). Im Karwendel lassen sich hier viele leicht zu entdeckende Spuren finden, z.B. im Schlauchkar oder im Grabenkar.

Der Karwendel und die bayerischen Voralpen werden den nördlichen Kalkalpen zugerechnet, die wiederum Teil des Oberostalpinen Troges der Ostalpen sind. Die Untereilung der Alpen in fünf ungleichgroße Tröge trägt vor allem wieder den Deckschichten Rechnung. Das Gestein der nördlichen Kalkalpen entstand wie bereits ausgeführt zum größten Teil im Mesozoikum, genauer während der Trias. Die nördlichen Kalkalpen werden wiederum unterteilt in die Kalkvoralpen und die Kalkhochalpen. Erstere sind maximal 1600m hoch, der Karwendel gehört somit eindeutig zu den Kalkhochalpen, auch wenn der Begriff etwas mißverständlich erscheint, gehört der Karwendel doch eigentlich den Mittel- und nicht den Hochalpen an. Die Kalkhochalpen zeichnen sich durch ihren felsigen Charakter und eine starke Kettengliederung aus, wie sie im Karwendel besonders ausgeprägt ist.

Entsprechend seiner Ketten gliedert man den Karwendel von Süden nach Norden in die Nordkette (auch Inntal- oder Solsteinkette genannt), die Gleiersch-Halltal-Kette, die Hinterautal-Vomper-Kette (auch Hauptkette) und die nördliche Karwendelkette. Daneben gibt es mehrere Seitengruppen: Den Vorkarwendel, die Gamsjoch-, Sonnjoch-, Falken-, Soiern- und Erlspitzgruppe. Insgesamt finden sich im Karwendel 125 Gipfel, die höher als 2000m sind. Fast alle davon gehören dem österreichischen Teil an. Höchster Gipfel auf der bayerischen Seite ist der Schafreuter (2102m, Vorkarwendel), im österreichischen Teil dominiert die Birkkarspitze (2749m, Hauptkette). Die Hauptkette beherbergt auch die beiden nächsthöheren Gipfel, die Ödkarspitze (Mittelgipfel, 2745m) und die selten besuchte Kaltwasserkarspitze (2733m). Beide sind Nachbargipfel der Birkkarspitze.

Mehr zur Entstehung der Alpen und deren Geologie:

(externer Link) http://www.sbg.ac.at/gew/studinfo/alpen.pdf
(externer Link) http://de.wikipedia.org/wiki/Alpen
(externer Link) http://www.kfunigraz.ac.at/geowww/exkursion/alpenex/geologie.htm



Kulturgeschichte, Erschließung


Bereits vor über 3000 Jahren begannen die Menschen mit der Besiedlung und Nutzung des Karwendels. Den Anfang dürfte dabei die eher leicht zu erreichende Gegend rund um Mittenwald und Scharnitz gemacht haben.

Runde 1000 Jahre später, in der Zeit um Christi Geburt, errichteten die Römer als weitere Verbindung nach Germanien einen Verkehrsweg durch das Mittenwalder Tal und über das Seefelder Hochplateau. Bei Scharnitz errichteten sie das Kastell "Mansio Scarbia".

Erst im 11. Jahundert begannen die Menschen, den Karwendel aktiv zu erkunden und zu nutzen, auch wenn bereits 736 der "Scharnitzer Wald" (heute der westl. Karwendel, früher als Bezeichnung für einen Großteil des Karwendel verwendet) urkundlich erwähnt wurde. Zunächst kamen Jäger und Sammler, bald darauf Kien-, Käse- und Harzhändler, um die reichen Ressourcen des Karwendel zu nutzen. Ihnen folgten Viehhirten auf der Suche nach neuen Weideplätzen, die sie z.B. am Hochalmsattel oder im Roßloch fanden.

Es zeigte sich, daß auch Salz und Erze aus dem Karwendel gefördert werden konnten. So wurde 1230 die Haller Saline im Inntal eröffnet. Die Erzförderung begann erst rund 200 Jahre später. Beide brachten tiefgreifende Veränderungen für die Natur des Karwendel mit sich: Wälder wurden gerodet um genügend Holz für die Abstützung der Stollen und die Verhüttung zu haben, Zieh- und Saumwege wurden angelegt, um die geförderten Bodenschätze sicher ins Tal zu bringen.

Gegen 1550 begannen die ersten großflächigen Rodungen zur Schaffung von Almen. Dies geschah nicht zuletzt im Rahmen der Waldordnung unter König Leopold. Einige Zeugnisse dieser Ordnung sind heute noch erhalten: So ist der große Ahornboden entgegen der landläufigen Meinung ein künstlich geschaffener Ort. Darüber hinaus zwang der Beginn des 30jährigen Krieges viele Bauern dazu, mit ihrem Vieh zum Schutz vor Plünderungen in abgelegene Gebiete abzuwandern. Heute findet man diese Gebiete z.B. unterhalb der Talelespitze, in der Faulen Eng oder am Plumsjoch. Im Rahmen der Rodungen wurde auch das erstemal die Holzdrift auf der Isar praktiziert. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde so das Holz aus den Karwendeltälern nach Scharnitz und Mittenwald geschafft.

Im 18. und 19. Jahrhundert hatten viele Bewohner der umliegenden Dörfer Nutzungsrechte für die Wälder des Karwendel erworben. Die nahen Wälder wurden so übernutzt und so stark geschädigt, daß diese Schäden teilweise heute noch beobachtbar sind.

Hermann von Barth war es schließlich, der den Karwendel als erster touristisch erschloß. Im Sommer 1870 bestieg er im Alleingang 88 Gipfel. Alle Begehungen hielt er in seinem 1874 erschienenen Buch "Aus den nördlichen Kalkalpen" fest. Es gilt heute immer noch als sehr interessantes und auch lehrreiches Werk, wird aber leider nicht mehr aufgelegt und ist nur noch antiquarisch erhältlich. Ihm ist heute ein Denkmal am Kleinen Ahornboden gewidmet.

Heute ist der Karwendel komplett erschlossen. Durchs Rißtal in die Eng führt eine viel befahrene Mautstraße, alle bedeutenden Karwendeltäler sind von Forstwegen durchzogen. An schönen Sommertagen strömen Abertausende von Touristen in den Karwendel. Noch konzentrieren sich diese auf wenige Punkte und Routen, z.B. den Großen Ahornboden und die Hauptverbindungsrouten durch Karwendeltal, Johannisbachtal und Hinterautal. In den abgelegeneren Tälern ist man auch heute noch weitgehend allein. Hier führen nur schmale, meist schwer zu findende Pfade durch die wilde Landschaft. Das Management des zunehmenden Massentourismus und der damit verbundenen Schädigung der umliegenden Natur ist eine der Hauptaufgaben, denen sich die Verwalter des Karwendel in naher Zukunft stellen werden müssen. Prinzipiell ist der Karwendel als Naturpark "autofreie Zone", der Trend ist jedoch gegenläufig: So genannte "Hüttentaxis" preschen durch das Hinterautal um auch Leute zu den Hütten zu bringen, die diese im Normalfall - aus welchen Gründen auch immer - nicht erreichen würden. Die Entwicklung geht damit hin zu mehr und besser ausgebauten Wegen und Hütten und damit auch zu mehr Befahrung. Ob dies ein wünschenswerter Zustand für das "urweltliche Gebirg" (H. v. Barth) ist, sei einmal dahingestellt.



Weitere Kapitel


Weitere Kapitel werden in Kürze folgen. Geplant sind noch die Kapitel "Flora und Fauna", "Namen und Bezeichnungen", "Tourismus und Alpinismus", "Persönlichkeiten" und "Zukunftsaussichten".


 
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